„Wenn die Natur nicht länger ein Ort ist, den wir besuchen, sondern sie zu unserem Zuhause wird…“
Mit dem ersten Wochenende des neuen, zweiten Monats knüpften wir lückenlos an die Abenteuer der vorangegangenen Wochen an. So wie es sich für echt Sirdaler*innen gehört, besuchten wir an diesem Wochenende die Sirdalsdagane, das größte Volksfest der Region, welches mit dem alljährlichen Schafabtrieb einen festen Bestandteil der norwegischen Kultur darstellt. Seit jeher werden, sobald die Tage kürzer werden und der Herbst naht, die unzähligen Schafherden von den Weideflächen der Berge herunter getrieben und während eines etwas chaotischen Prozesses auf ihre jeweiligen Besitzer*innen aufgeteilt. Rund um dieses Spektakel wuchs mit den Jahren ein entsprechendes Volksfest. Ein Jeder ist eingeladen, dem mähenden und klingelnden Teppich an wolligen Vierbeinern bei seinem Weg ins Tal zu begleiten und sich anschließend bei guter Musik an den wunderbaren Handwerks- und Delikatessenständen der Region zu erfreuen. Um nicht nur Zuschauer*in, sondern direkt Teil des Geschehens zu sein, beschlossen wir kurzerhand auf dem Festivalgelände zu übernachten. Was sich auch als besonders praktisch erwies, da wir so keine fünf Meter von unseren Zelten zu unserem eigenen Stand gehen mussten.
Wir informierten alle interessierten Besucher*innen über unsere Schule und welches Konzept dahinter steht, dass 30 wild zusammengewürfelte Jugendliche sich für sieben Monate auf in den hohen Norden machen und warum dabei das eigenen Smartphone so sehr in Vergessenheit gerät. Darüber hinaus boten wir für unsere kleinen Gäste Ponyreiten, Huskystreicheln, Dosenwerfen und Kinderschminken an und hatten sogar eine selbst gebaute Erbsenschlagmaschine im Gepäck. Sonntagmorgen halfen wir bei dem Aufbau eines Flohmarkts, dessen Spenden an das gemeinnützige Projekt „Home of Bahati“ in Tansania gehen, bei welchem Straßenkindern ein Zuhause geschenkt wird. Mit diesem Hintergrund schleppten sich die Kisten gleich doppelt so leicht und unsere Muskelkraft und unser Durchhaltevermögen wurde reichlich mit Kuchen und Pizzaschnecken belohnt.
Wieder im Outdoor College angekommen, brachte der neue Monat allerdings auch einige Veränderungen mit sich, denn der obligatorische Zimmerwechsel stand auf dem Plan. Per Losverfahren wurde die neuen Zimmerverteilungen festgelegt und das große Umziehen begann. Auch die Kleingruppen, die gemeinsam die Schulbank drücken, den Haushalt schmeißen oder die Huskyfarm besuchen, wurden neu zusammengewürfelt. Obwohl diese Umverteilungen teils weggewünscht, teils herbeigesehnt wurde, brachte sie frischen Wind und neue Freundschaften ins Gemeinschaftsleben.
Mit den daraus resultierenden Tourengruppen ging es somit nahtlos in die Vorbereitung der nächsten Tour. Zum ersten Mal wurde komplett selbstständig und in Eigenverantwortung das Essen für die bevorstehende Kanu- und Trekkingtour geplant. Absolutes Highlight sollten die selbst gebackenen Tourenbrote werden. Von Salami, Käse und Zwiebeln landete alles bis hin zu Rosinen und Schokolade in den Broten, was teilweise zu wilden Kombinationen führte.
Bevor es allerdings in die Zweite der jeweils einwöchigen Wildniserfahrungen losgehen sollte, bekamen wir von den erfahrenen Outdoortrainern aus Deutschland unter anderem einen Workshop darin, wie wir ganz ohne Feuerzeug und nur mit dem was die Natur uns bietet, Feuer machen können. Mit selbst angefertigtem Feuerbohrset, gesammelten Zunder, sowie Karte und Kompass stürzten wir uns am darauffolgenden Tag ins Abenteuer.
Während die eine Gruppe ihre Reise im Kanadier begann, wanderte die andere Gruppe, mit für Norwegen typischen Wetterverhältnissen -sprich es regnete-, hoch in das Fjell. Bei etwa der Mitte der Strecke trafen sich die beiden Tourengruppen, um ihr jeweiliges Medium mit der anderen Gruppe zu tauschen. Aufgrund der zeitlich versetzen Ankunft wurde allerdings der geplante Outdoor Mathe Unterricht zum Thema Strahlensätze auf einen anderen Tag verschoben. Der überwiegende Teil des Materials fand seinen Weg in die andere Gruppe und die Teile, die bei der etwas unstrukturierten Übergabe vergessen wurden, wurden in den anschließenden Tagen auf kreative Weise ersetzt.
Da die Länge der Streckenabschnitte zum größten Teil in der Verantwortung der Schüler*innen lag und die bereits gesammelten Erfahrungen der ersten Tour zu einem reibungsloseren und damit schnelleren Lageraufbau beitrugen, gab es insgesamt viel mehr Zeit um tatsächlich in der Natur anzukommen. Die Lagerplätze wurden ausgiebig erkundet, es wurde sich ins eiskalte Wasser gewagt und der Abend konnte in gemütlicher Runde am Lagerfeuer ausgeklungen werden.
Anne Baum
Vielleicht war es die eindrucksvolle Natur, vielleicht die unzähligen Gespräche über Lieblingsbücher und -filme während der Wanderung, die letztendlich dazu führten, dass unser Eventteam sich für einen Herr der Ringe-Marathon einsetzte. Zurück in der Schule wurden diese Pläne sofort in die Tat umgesetzt. Nach dem ersten, und überaus deliziösen, selbst gekochtem drei Gänge Menü der Schüler*innen wurde gemeinsam der erste Teil der Trilogie begonnen. Dank herausragendem Engagement der Pizzabäcker*innen konnte der zweite Teil am Sonntagabend daher in doppelter Hinsicht genossen werden.
Weitere große Events in diesem Monat waren unter anderem der Besuch eines norwegischen Jugendclubs. Nachdem dort direkt die Süßigkeitentheke angesteuert wurde, bei der es für hiesige Verhältnisse erstaunlich günstig war, wurde in Windeseile der riesige Fußballplatz erobert und bald hieß es, Länderspiel: Norwegen-Deutschland. Doch es wurde sich nicht nur sportlich der „norwegischen Kultur“ angenähert, sondern auch musisch und darstellerisch. Eine einheimische Folklore Lehrerin gab uns eine Einführung in norwegische Volkstänze, was nach anfänglicher Skepsis zu einem enormen Spaß für Schüler*innen und Tutor*innen wurde.
In bleibender Erinnerung wird vermutlich bei allen die herzliche Einladung von Odd Kvinen bleiben. Odd ist nicht nur der Besitzer der Sirdal Huskyfarm, er ist vor allem im wahrsten Sinne des Wortes ein Kind der Berge. Hier oben aufgewachsen lernte er früh, in und mit der Natur zu leben. Gerne teilt er sein Wissen und seine Erfahrung und vermittelt damit eine sehr tiefe und enge Verbindung zur Natur.
Willkommen geheißen wurden wir unter anderem mit einer köstlichen Elchsuppe. Während wir diese und andere Leckereien genossen, erzählte uns Odd von seiner Familiengeschichte, die sehr anschaulich das Leben bis vor einigen Jahrzehnten in den Bergen Norwegens widerspiegelte. In einer weiteren Einheit erklärte uns Odd die Friluftsliv-Philosophie, eine Lebensweise in und mit der Natur, die ausschließlich im skandinavischen Raum gelebt wird. Wir lernten etwas über das „Jedermannsrecht“ sowie über die „Fjellvettreglene“. Letzteres sind Verhaltensmaxime, die es zu beachten gilt, sobald man eine Tour in den Bergen plant. Dabei gilt stets, dass nur Wissen und Erfahrung zu der erforderlichen Sicherheit draußen beitragen. Daran anknüpfend gab uns Odd zwei Aufgaben, die wir als Gruppe in der Natur zu erledigen hatten.
Dafür sollte sich perfekt die bevorstehende Wochenendübernachtung am Bergsee eignen. Also planten wir Verpflegung, Material und spannende Aktivitäten und machten uns auf den Weg in ein weiteres Abenteuer…
2 Responses
Bonne continuation à tous ; meilleurs pensées à tous; l’aventure continue ; meilleurs salutations, Thor
Respekt euch allen, Outdoortrainern, Tutoren und Schülern. Wir wünschen euch weiter coole Erlebnisse in der fantastischen Natur und eine interessante gemeinsame Gestaltung des Alltags.
Freundliche Grüße